Metall- und Elektroindustrie: Abschluss oder Kapitulation?

veröffentlicht am: 6 Mai, 2020

Am 19. März kam es, im Schatten schockierender Meldungen über Corona, zu einem Tarifabschluss der IG Metall NRW mit dem Arbeitgeberverband METALL NRW. Dieser Abschluss kam auch für viele Metaller recht unerwartet, so hatte Jörg Hofmann, Vorsitzender der IG Metall bis unmittelbar davor großspurig verkündet, dass es mit der IG Metall keine Corona Tarifrunde geben würde. Doch nun gibt es ihn, befristet bis zum 31.12.2020, den Corona-Abschluss. Der Abschluss in NRW war hierbei der in vielen Branchen übliche Pilotabschluss, der inzwischen auch von allen anderen Bezirken mit kleinen Änderungen in Detailfragen übernommen wurde.

Die wesentlichen Inhalte des Abschlusses sind Solidartöpfe in den Betrieben, in die die Arbeitgeber pro Beschäftigten 350€ einzuzahlen haben, mit dem Ziel mögliche Härtefälle abzufedern, ein erleichterter Zugang zu Kurzarbeit, eine Aufweichung der Übernahmeregelung für Dual Studierende, die es ermöglicht Auzubildende und Dual Studierende erst ein Jahr nach Abschluss der Ausbildung – und dann auch nur auf 6 anstatt der vorherigen mindestens 12 Monate – zu übernehmen, sowie der Vereinbarung, dass die Entgelte bis Ende des Jahres nicht weiter erhöht werden.

Gerade letzteres bedeutet, dank Inflation eine effektive Gehaltskürzung und dies, obwohl die IG Metall im Voraus gesagt hatte, dass – obwohl sie ohne eine bezifferte Lohnforderung in die Tarifrunde geht – sie genau das nicht will. Auch die Regelung zur Kurzarbeit ist für die IG Metall ein Rückschritt. Eine arbeitgeberseitige Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 80% des eigentlichen Lohns sind zwar definitiv besser als keine Aufstockung, allerdings hatte die IG Metall in der Vergangenheit Tarifverträge, die eine arbeitgeberseitige Aufstockung des Kurzarbeitergeldes von bis zu 93% des eigentlichen Entgelts vorgesehen haben. Die Regelung zum Kurzarbeitergeld ist also ebenfalls eine Verschlechterung. Auch die vom Grundgedanken her gute Idee, 5 Tage mehr bezahlte Freistellung für Eltern zu ermöglichen, um Kinderbetreuung in Zeiten geschlossener Kitas und Schulen zu gewährleisten, wird wohl so gut wie gar nicht in Anspruch genommen werden können, da vorher Urlaubstage, Arbeitszeitkonten, sowie bestehende Regelungen zur Freistellung vollkommen ausgeschöpft werden müssen.

Die eigentliche Tarifrunde soll nach Willen der IG Metall dann im Januar nächsten Jahres nachgeholt werden. Für diese hatte die IG Metall noch im Februar den Arbeitgebern ein „Moratorium für fairen Wandel“ übermittelt, mit dem Ziel sich noch vor Ende der Friedenspflicht darauf zu einigen, dass in den Betrieben Zukunftspakete geschnürt werden sollten, um dafür zu sorgen, dass die Arbeitsplätze der Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben gesichert werden würden. Begründet wurde dies mit dem wirtschaftlichen Abschwung v.a. der Automobilindustrie und dem damit verbundenen geringeren Verteilungsspielraum. Problematisch hierbei ist, dass bei einer späteren Tarifrunde der wirtschaftliche Abschwung weiter fortgeschritten ist und der Verteilungsspielraum damit noch geringer ist.

Wir fordern:
• Einführung 35h Woche Ost bei gleichzeitiger Schließung der Lücken im Westen
• Eine Tatsächlich unbefristete Übernahme von Azubis und Dual Studierenden
• 8% Mehr Geld in den Taschen unserer KollegInnen
• Eine echte Mitbestimmung, auch in wirtschaftlichen Fragen
• Eine T-ZUG Umwandlungsoption für alle ohne Ablehnungsmöglichkeit durch die Arbeitgeber

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