US-Truppenabzug aus Deutschland – Quo vadis?

veröffentlicht am: 18 Nov, 2020
Warum von einer Verringerung der Kriegsgefahr keine Rede sein kann


Ende Juli ließ US-Kriegsminister Mark Esper die Bombe platzen, dass ca. 12.000 Soldaten und Befehlskommandos der in Deutschland stationierten US-Streitkräfte abgezogen werden sollen. Was folgte, waren Endzeitfantasien deutsch-amerikanischer „Transatlantiker“, Rufe nach mehr deutscher Verantwortung im Spiel der Weltmächte, aber auch Abrüstungs-Lobgesänge aus Teilen der Friedensbewegung.

Neues Ziel Osteuropa?

Dabei ist allein der Begriff Truppen“abzug“, worauf die deutsche Friedensbewegung seit Jahrzehnten hinarbeitet, mehr als irreführend – so sollen die Soldaten erstens nur innerhalb Europas verlegt werden, zweitens handelt es sich nur um einen Teilabzug, der nicht einmal beschlossene Sache ist. Als neues Aufmarschgebiet präferiert das US-Militär dabei Osteuropa, am wahrscheinlichsten scheint Polen, das ohnehin seit einigen Jahren als Brückenkopf des US-Militärs in direkter Nähe zu Russlands Grenze fungiert. Neu sind solche militärischen Drohgebärden gegen Russland nicht, eine weitere Gefährdung des Friedens in Europa wäre es allerdings schon, da eine Truppenverlegung in russisches Grenzgebiet mutmaßlich gegen die NATO-Russland-Akte von 1997 verstoßen würde, die eine permanente Stationierung von Soldaten in direkter Nähe zum Vertragspartner untersagt.

Truppenabzug als Aufrüstungsgrund

Die Reaktionen auf den geplanten Abzug fielen sehr unterschiedlich aus. So betonten NATO-Funktionäre und Befürworter einer auf transatlantischen Beziehungen basierenden Außenpolitik ihre strikte Ablehnung des Plans. Besonderes Gehör verschafften sich die Befürworter, die fraktionsübergreifend für eine Stärkung Deutschlands im Gefüge der militärischen Weltmächte eintreten. So betonte Michael Roth (SPD), man dürfe nicht in Wehklagen verfallen, es sei als „Chance zur Stärkung der europäischen Souveränität zu begreifen. Es ist an der Zeit, dass Europa seine Rolle in der Welt stärkt, es geht um unsere Selbstbehauptung“. Wasser auf die Mühlen deutscher Militaristen, Rüstungskonzerne und der aktuellen Bundesregierung, die ohnehin verstärkt auf eine eigenständige EU-Militärpolitik, den Ausbau europäischer Streitkräftekooperationen und gemeinsame europäische Rüstungsprojekte setzt. Der angekündigte Truppenabzug dient somit als argumentatives Instrument, um den deutschen Machtanspruch und eine Militarisierung zu propagieren, besonders wenn der sonst militärisch weit überlegende Partner USA seinen Einfluss durch einen möglichen Truppenabzug verlieren könnte.

Atomwaffen bleiben in jedem Fall

Ob und wie der Teilabzug der Truppen letztlich in die Tat umgesetzt werden, bleibt weiterhin unklar, im Gegensatz zur Zukunft der in Deutschland stationierten US-Atombomben, die auch weiterhin hierbleiben sollen. Der Teilabzug ist somit weder eine Entspannung für die sicherheitspolitische Lage und unseren Frieden in Europa, noch bildet dies eine gute Grundlage für globale Abrüstung. Es bleibt also dabei, Kriegsursachen bekämpfen, Kapitalismus abschaffen!

Arian, Hannover

Gruppenkarte

finde die SDAJ Gruppe in deiner Nähe!

mehr zum Thema

Berliner Sparkasse sperrt das Konto der jüdischen Stimme

Berliner Sparkasse sperrt das Konto der jüdischen Stimme

Am vergangenen Dienstag wurde ohne Vorwarnung das Konto der Jüdischen Stimme gesperrt, eines Berliner Vereins, welcher sich „für gerechten Frieden im Nahen Osten“ einsetzt. Gleichzeitig fordert die Sparkasse von der Jüdischen Stimme diverse Vereinsunterlagen, unter...

mehr lesen
Wir wollen nicht zum Krieg erzogen werden!

Wir wollen nicht zum Krieg erzogen werden!

Überall sehen wir Werbung für die Bundeswehr auf Plakaten, auf Straßenbahnen oder auf YouTube. Lautstark fordern Politiker die Wiedereinführung der Wehrpflicht, Aufrüstung, Atombomben und ein kriegstüchtiges Deutschland vom Krankenhaus bis zum Hörsaal und...

mehr lesen
Worum geht es dieses Jahr bei der SiKo?

Worum geht es dieses Jahr bei der SiKo?

Die sogenannte Sicherheitskonferenz (SiKo) findet vom 16. bis zum 18. Februar in der Münchner Innenstadt statt. Worum es bei der SiKo allgemein geht und warum wir dagegen protestieren, haben wir im letzten Post dazu schon thematisiert. Aber was steht dieses Jahr...

mehr lesen