Nazis und Nachrichtendienste: Am 17. Juni wurde die SED „nicht ihrer Fehler, sondern ihrer Vorzüge wegen“ angegriffen.

veröffentlicht am: 17 Jun, 2013

Erklärung der SDAJ zum Jahrestag des 17. Juni 1953

(Foto: Bundesarchiv, Bild 175-14676 / CC-BY-SA 3.0)

(Foto: Bundesarchiv, Bild 175-14676 / CC-BY-SA 3.0)

Am 17. Juni 1953 fand in der DDR ein Aufstand statt. Arbeiter streikten, Aufständische versuchten, die SED zu stürzen, schließlich schlugen in der DDR stationierte sowjetische Truppen den Aufstand nieder. Zum 60. Jahrestag dieses Aufstands sehen wir auf allen Kanälen die herrschende Sicht auf die Ereignisse: Im Fernsehen, in der Zeitung, in der Schule. Bundespräsident Gauck, die großen Medienkonzerne und die Bundeszentrale für politische Bildung – eine Einrichtung des Innenministeriums – erklären uns, wie es angeblich wirklich war: Am 17. Juni 1953 erhoben sich die Menschen in der DDR gegen die kommunistische Unterdrückung, für Freiheit und Demokratie. Gegen diese verordnete Sicht wollen wir nur auf drei Tatsachen hinweisen.

1. Die DDR-Regierung hatte ihre Fehler schon vor dem 17. Juni korrigiert.

Eine Reihe von Maßnahmen der Regierung der DDR hatten in den Monaten vor dem 17. Juni für große Unzufriedenheit gesorgt. Dazu gehörte vor allem, dass eine Erhöhung der Arbeitsnormen für Industriearbeiter einfach verordnet wurde, ohne dass die Arbeiter an dieser Entscheidung beteiligt wurden. Aber der Aufbau des Sozialismus ist nur möglich, wenn die Arbeiterklasse die Dinge in die eigenen Hände nimmt und die Wirtschaft des Landes voranbringt. Diese Politik der SED war deshalb falsch. Die SED als regierende Partei hatte aber schon am 9. Juni, also vor dem Aufstand, begonnen, ihre Fehler zu korrigieren. Die Maßnahmen wurden zurückgenommen. Der Aufstand vom 17. Juni richtete sich deshalb nicht gegen diese Maßnahmen, sondern gegen die Errungenschaften der DDR. Die Unzufriedenheit der Menschen mit einigen Maßnahmen der sozialistischen Regierung wurde genutzt, um den Sozialismus selbst anzugreifen. In der DDR wurde damals – anders als im Westen – ein antifaschistischer Staat aufgebaut, statt Nazi-Generälen saßen hier ehemalige KZ-Häftlinge in der Regierung. In der DDR wurden die eigentlichen Verursacher des Faschismus bekämpft: Die großen Konzerne wurden enteignet, der Boden der adligen Großgrundbesitzer, der Junker, an die Bauern verteilt. Und in der DDR wurde dafür gesorgt, dass auch Kinder und Jugendliche aus Arbeiterfamilien eine gute Bildung bekamen und studieren konnten. Das abzuschaffen war nicht das Interesse und nicht der Wille der großen Mehrheit der Arbeiter in der DDR.

2. In dem Aufstand spielten faschistische Kräfte eine wichtige Rolle.

1953 war der 2. Weltkrieg erst seit acht Jahren vorbei, die Erinnerung an die Verbrechen des Faschismus noch überall lebendig. Die angeblich demokratischen Aufständischen stürmten Gefängnisse, erschossen Polizisten und befreiten „politische“ Gefangene. Dabei waren natürlich auch alte Nazis, die völlig zu Recht einsaßen. Auf vielen Kundgebungen am 17. Juni wurde das Deutschlandlied gesungen – „Deutschland, Deutschland, über Alles!“ Dieses Lied hatte auch den Terror und den Krieg der Nazis begleitet. Die Aufständischen stürmten nicht nur öffentliche Gebäude und Gebäude SED oder der Gewerkschaft. Sie stürmten auch Buchläden und Verlage, und sie organisierten die Verbrennung von marxistischer Literatur – zwanzig Jahre, nachdem die Nazis dasselbe getan hatten. Viele Teilnehmer an den Demonstrationen waren damit nicht einverstanden. Trotzdem konnten die Faschisten, die es natürlich auch in der DDR noch gab, den Kurs des Aufstands maßgeblich mitbestimmen.

3. Der Aufstand wurde aus dem Westen gefördert und gesteuert.

Es waren nicht nur Kräfte aus der DDR, die den Aufstand anzettelten. Medien, Geheimdienste und Parteien aus dem Westen spielten dabei eine wichtige Rolle. Zum Beispiel kamen am 17. Juni eine große Zahl von Menschen aus Westberlin (damals waren die Grenzen noch relativ offen) auf die Bauarbeiter-Demonstration im Osten. Sie trugen dazu bei, dass Brände gelegt, Gebäude gestürmt und Polizisten angegriffen wurden. Teilweise handelte es sich dabei um Gruppen, die vom US-Geheimdienst organisiert wurden, teilweise handelte es sich um Arbeitslose, die dafür Vergünstigungen bekamen. Eine wichtige Rolle spielte auch der „Rundfunk im Amerikanischen Sektor“ (RIAS), ein Sender der USA. Damals war das Radio die wichtigste Form, um Informationen schnell zu verbreiten. Über den RIAS wurde zu den Demonstrationen und zum Sturz der DDR-Regierung aufgerufen, er wurde damit zu einer Art Zentrum des Aufstands. Außerdem waren westliche Geheimdienste, aber auch das geheime „SPD-Ostbüro“ in der ganzen DDR aktiv.

Die Darstellung, die Lehrer, vom Staat beauftragte Wissenschaftler und die Mainstream-Presse vom 17. Juni geben, ist deshalb fast immer unvollständig und meistens falsch. Die Streitigkeiten um die Arbeitsnormen wurden im Rahmen der sozialistischen Gesellschaft gelöst. Natürlich gab es im Aufbau des Sozialismus Schwierigkeiten und Fehler – aber diese Probleme konnten eben nur im Sozialismus gelöst werden. Der Dichter Bertolt Brecht schrieb deshalb zum 17. Juni: „Ich fühlte mich (der SED) verbunden, als sie – nicht ihrer Fehler, sondern ihrer Vorzüge wegen – von faschistischem und kriegstreiberischem Gesindel angegriffen wurde.“

Aber darum geht es bei der herrschenden Darstellung auch gar nicht. Es geht darum, dass wir glauben sollen, dass es keine Alternative zum Kapitalismus gibt. Wir sollen glauben, dass es keinen demokratischeren Staat als unseren geben kann – in dem der Verfassungsschutz Nazi-Terroristen deckt, Demonstranten verprügelt werden und unsere Mitsprache darin besteht, alle vier Jahre ein Kreuz zu machen. Wir sollen glauben, dass es keine sozialere Gesellschaft als die heutige geben kann – in der wir Angst vor Arbeitslosigkeit haben müssen, in der die Bildung vom Geldbeutel der Eltern abhängt und in der unsere Arbeit die Gewinne einiger Unternehmer vermehrt.

Die SDAJ erklärt deshalb zum Jahrestag des 17. Juni:

Wer die Ereignisse des 17. Juni 1953 und die komplizierte Geschichte der DDR sachlich betrachten will, darf sich nicht auf die herrschende antikommunistische Darstellung verlassen. Der Kapitalismus bietet uns keine Zukunft, nur eine sozialistische Gesellschaft kann Bildung und Ausbildung, Arbeit und ein solidarisches Zusammenleben für alle garantieren.

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