Der alltägliche Faschismus und was man dagegen tun kann

veröffentlicht am: 20 Jun, 2017

Stralsund, 1. Mai 2017: Während eine NPD-Demonstration ungehindert durch die Innenstadt laufen kann, werden hundert GegendemonstrantInnen über acht Stunden lang von der Polizei eingekesselt. Unter ihnen sind 42 Minderjährige. Dieses Beispiel ist kein Einzelfall. Es vergeht kaum ein Tag, an dem es kein einseitiges Agieren von Polizei und Staatsanwaltschaft, keine Angriffe von Faschisten auf AntifaschistInnen gibt. Die Opfer dieser Angriffe werden meistens allein gelassen und die Täter kommen viel zu oft ohne strafrechtliche Konsequenzen davon.

So erging es auch einem unserer Genossen aus Schwerin und seinem Mitbewohner, als sich 15 vermummte, stadtbekannte Nazis im November 2015 Zutritt zu ihrer Wohnung verschaffen wollten. Nur das besonnene Verhalten der beiden Antifaschisten verhinderte Schlimmeres. Sie erstatteten Anzeige. Nach eineinhalb Jahren kam nun die Antwort der Staatsanwaltschaft: Einstellung des Verfahrens. Die Begründung: „Zur konkreten Motivation haben die Ermittlungen keine Erkenntnisse erbracht.“ Weiter heißt es in dem Schreiben der Schweriner Staatsanwaltschaft: „Selbst wenn man eine beabsichtigte spätere Gewaltanwendung gegen Ihre Person unterstellen würde, […] handelt es sich lediglich um eine straflose Vorbereitungshandlung.“ Mit dieser Entscheidung wollten sich die beiden Antifaschisten aber nicht zufrieden geben und legten kurzerhand Einspruch bei der Generalstaatsanwaltschaft ein. Ob diese jedoch weiter ermittelt, ist fraglich. Der bürgerliche Staat profitiert von Faschisten. Er benötigt sie zur Sicherung seiner Macht. Mit Rassismus und Nationalismus spalten Nazis die Gesellschaft in „deutsch“ und „nicht deutsch“. Mit Gewalt werden politische Gegner eingeschüchtert.

Rassisten gehen davon aus, dass es „höhere“ und „minderwertigere“ Rassen gibt. Dadurch soll die Vorherrschaft der „Herren“ über andere Völker und deren Ausbeutung legitimiert werden. Im Betrieb soll mit Hilfe des Rassismus legitimiert werden, das KollegInnen mit migrantischem Hintergrund weniger Lohn bekommen oder allgemein weniger Rechte haben. Ein gemeinsames Interesse aller ArbeiterInnen, unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe, wird dadurch verneint. Die Verwicklung der bundesdeutschen Geheimdienste in faschistische Terrorzellen wie dem NSU oder die Existenz von Faschisten in Bundeswehr und Polizei beweisen uns, das wir uns im antifaschistischen Kampf nicht auf diesen Staat und seine Institutionen verlassen können. Der Faschismus wird durch den Kapitalismus hervorgebracht und gefördert. Er wird bereit gehalten für Zeiten, in denen das System mit  Schwierigkeiten oder Rissen zu kämpfen hat.

Das gemeinsame Handeln aller antifaschistischen und fortschrittlichen Kräfte ist die Lösung, um Faschisten nicht nur den öffentlichen Raum streitig zu machen, sondern auch um ihre menschenverachtende Ideologie zu bekämpfen. Beispielhaft geschehen ist das am 1. Mai in Rostock. Dort versuchte eine Handvoll Faschisten sich der Demonstration der DGB-Jugend und des Jugendbündnisses anzuschließen. Als sich ihnen ein Teil der DemonstrationsteilnehmerInnen in den Weg stellte, um sie am Mitmarschieren zu hindern, zog die restliche Demonstration zunächst weiter.  Einigen hitzigen Diskussionen und dem Sänger von „Feine Sahne Fischfilet“, der sich das Mikrofon am Lautsprecherwagen griff und mit klaren Worten an die Solidarität der GewerkschaftskollegInnen appellierte, ist es zu verdanken, dass die Demo nicht nur stoppte, sondern sogar kehrt machte. Was dann folgte schildert die Ostseezeitung so: „Der Demo-Zug der Gewerkschaften drehte um und vertrieb die Rechten. Sie flüchteten in die Straßenbahn.“ Wir lassen uns nicht spalten, sondern sind mit allen solidarisch, die gemeinsam mit uns kämpfen!

Robert. Schwerin

 

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