„Barbecue in den Ruinen der Deutschen Bank“

veröffentlicht am: 26 Jan, 2017

Mit KIZ in die Mainstream-Charts und in den Kommunismus?

Mittlerweile ist das aktuelle KIZ-Album „Hurra, die Welt geht unter“ schon über ein Jahr alt, seitdem laufen gerade Lieder wie „Boom, Boom, Boom“ oder das namensgebende Lied „Hurra, die Welt geht unter“ auf vielen Partys. Zwar sind sie nicht unumstritten, trotzdem kann man sagen, dass KIZ die Themen Kapitalismuskritik, Gewalt und Sex im HipHop miteinander versöhnt haben.

Schatz, ich geh zur Arbeit – bin gleich wieder da“

In „Hurra, die Welt geht unter“ geht es um die Utopie einer Welt nach dem (durch eine Atombombenexplosion verursachten) Ende des Kapitalismus. Es gibt kein Geld mehr, die Menschen lieben sich so, wie sie es wollen, niemand hungert, es gibt keine Kriege und keine Religion mehr und die Menschen arbeiten nur noch solange, wie es tatsächlich nötig ist; also ohne Ausbeutung. Viele der im Lied geschilderten Formen des Zusammenlebens sind wirklich schön formulierte Vorstellungen von einem Leben, wie wir es uns auch im Sozialismus wünschen würden.

Allerdings: Die Welt, in der wir alle frei miteinander leben, ist das Ergebnis einer großen Katastrophe. Gut möglich, dass die drei Rapper dieses Szenario nur skizzieren, um zu zeigen, dass viele Einrichtungen, wie Militär, Polizei, Banken usw., dem schönen Leben im Weg stehen. Schlimmstenfalls ist es eine weitere Stimme im Chor derjenigen, die meinen, eine menschenwürdige Gesellschaft könne nicht das Produkt der organisierten Zusammenarbeit der Menschen, sondern nur der absolute Neuanfang in den Ruinen der alten Welt sein – „Auf den Trümmern das Paradies“ Bevor es uns allen gut geht, muss also erstmal alles in die Luft fliegen?

Ihr wollt Kapitalismus mit Herz“

Explosionen und die Kritik am „Untertanenstolz“ sind dann auch die zentralen Themen des Tracks „Boom, Boom, Boom“. Dieses zeigt, dass KIZ auf die Unterdrückten eher herabspucken, als eine Kritik an den Zumutungen des Kapitalismus, welche an den alltäglichen Interessen der Menschen ansetzt, als einen ersten Ansatzpunkt für weitergehende Kritik anzusehen: „was quatscht ihr da, es gibt nicht genug Ausbeutungsplätze? Ihr wollt Kapitalismus mit Herz“.

Die Rapper scheinen es als eine größere Belastung zu empfinden, dass Menschen (noch) nicht den gewünschten Grad an Einsicht in die Gesetze des Kapitalismus entwickelt haben, als dass sie das Elend dieser Menschen schert. Klar gibt es viele Leute, die auf die Verrücktheiten dieser Welt die völlig falschen Antworten, wie Rassismus oder die Ausgrenzung anderer Unterdrückter suchen, was das Lied auch ganz gut beschreibt. Dennoch klingt hier eher ein Abgesang auf den am vermeintlich zur Blödheit verdammten Pöbel an, der an den hohen Maßstäben der drei Ideologiekritiker von KIZ scheitert und folgerichtig in die Luft gesprengt wird.

Hört sich gut an

Wahrscheinlich sind KIZ in Wirklichkeit viel schlauer und ein Hiphop-Text ist nunmal für eine differenzierte Analyse und Kritik nicht so geeignet wie ein Artikel. Trotzdem laufen solche Texte Gefahr, in der Linken eher die Ansicht zu verstärken, „das Volk“ sei eben zu dumm und linke Kritik notwendig das Projekt einer kleinen Elite.

Unterm Strich ist es erst KIZ gelungen, mit einem Nummer-1-Album und mit der antikapitalistischen Ausrichtung ihrer Texte sehr viele ZuhörerInnen zu erreichen und auf Widersprüche zu stoßen. Und musikalisch unterhält das Album sehr und hört sich gut an.

Moritz, Bochum

Dieser Artikel erschien in
POSITION #6/2016
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