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Friedrich Engels und der Marxismus – Wer war dieser Mann?

veröffentlicht am: 28 Nov, 2020

Friedrich Engels, am 28. November 1820 in Barmen geboren, sollte die Firma seines Vaters (Baumwollverarbeitung) weiterführen. Während einer Kaufmannslehre in Bremen löste er sich vom heimischen orthodoxen Christentum (konkret dem Pietismus) und öffnete sich radikaldemokratischen Positionen. Danach leistete er Wehrdienst in Berlin und entdeckte sein lebenslanges Interesse an militärischen Fragen. Gleichzeitig besuchte er als Gasthörer die Universität und wurde zum Anhänger der Philosophie des 1831 verstorbenen Georg Wilhelm Friedrich Hegel. 1842-1844 lebte Engels in Manchester, wo er seine kaufmännische Laufbahn fortsetzen sollte. Er stieß auf das Elend des englischen Proletariats und kam in Fühlung mit den utopischen Kommunisten um Robert Owen sowie einer Arbeiter-Massenbewegung, dem Chartismus, der für die Senkung der täglichen Arbeitszeit auf zehn Stunden und das allgemeine Wahlrecht eintrat. Zugleich studierte er die Klassiker der britischen Nationalökonomie. Ein Ergebnis seiner Lektüren und Erfahrungen war das 1845 erschienene Buch „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“. Dort kam er zu dem Schluss, dass eine Revolution unvermeidlich sein werde, wenn nicht bald Reformen einträten. In einem Aufsatz „Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie“ (1844) wandte er die Hegelsche Dialektik auf die Wirtschaft an: zügellose Konkurrenz schlage ins Monopol um, dieser Prozess führe zu neuen Widersprüchen. Dieser Artikel erschien 1844 in den von Karl Marx mitherausgegebenen „Deutsch-Französischen Jahrbüchern“.

Umgekehrt fand er dort u.a. den Aufsatz „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung“ von Marx.

Die gemeinsame Arbeit mit Marx

Damit berührten sich zwei Denkbewegungen: Marx begründete die Notwendigkeit einer alle Herrschaft beendenden Revolution und machte als deren Subjekt das Proletariat aus. Dieses war damals aber für ihn nur ein geschichtsphilosophisches Konstrukt, mit dem er keine empirischen Erfahrungen hatte. Anders Friedrich Engels, der überdies inzwischen eine Verbindung mit der irischen Fabrikarbeiterin Mary Burns eingegangen war. Sein Aufsatz zur Kritik der Nationalökonomie lenkte Marx´ Aufmerksamkeit auf die wirtschaftliche Basis von Politik. Dessen Geschichtsphilosophie hinwiederum beendete Engels´ bisherige Ambivalenz zwischen Reform und Revolution zugunsten der Letzteren. Bei einem Treffen der beiden in Paris 1844 entwarfen sie in wenigen Tagen die Grundzüge ihrer gemeinsamen Theorie, des Historischen Materialismus. Zugleich entstand dort schon der Plan eines ökonomischen Grundlagenwerks, das Marx verfassen sollte. Fortan drängte Engels ihn zu dessen Abschluss, der sogar schon für das nächste Jahr geplant war. Dies waren die ersten Überlegungen zum „Kapital“, das allerdings erst viel später, 1867, erscheinen sollte, und auch da nur der erste Band. 1845 veröffentlichten Marx und Engels ihr gemeinsames Grundlagenwerk des Historischen Materialismus, eine Kritik des Idealismus, unter dem Titel „Die Heilige Familie“.

Kein Stubengelehrter, sondern Revolutionär

Sie gründeten in Brüssel ein international agierendes „Kommunistisches Correspondenzbüro“, formten einen zunächst utopisch-kommunistischen „Bund der Gerechten“ in einen „Bund der Kommunisten“ um, in dessen Auftrag sie im März 1848 gemeinsam das „Manifest der Kommunistischen Partei“ veröffentlichten. In diesem und im folgenden Jahr nahmen sie an der deutschen Revolution teil, Engels 1849 sogar mit der Waffe in der Hand in Elberfeld, der Pfalz und in Baden. 1850 emigrierten beide nach England und einigten sich auf eine Arbeitsteilung: Marx sollte sich auf sein ökonomisches Werk konzentrieren. Ab 1864 setzte er in der von ihm mitbegründeten Internationalen Arbeiter-Assoziation („Erste Internationale“) die praktisch-organisierende Arbeit fort. Engels trat in Manchester in eine Firma, deren Teilhaber sein Vater war, ein und finanzierte mit einem Teil seines Einkommens Marx und dessen Familie sowie ihr gemeinsames politisches und theoretisches Projekt. 1869 schied er aus dem Unternehmen, dessen Miteigentümer er inzwischen geworden war, aus, ließ sich auszahlen und zog 1870 nach London. Er wurde Mitglied im Generalrat der Internationalen Arbeiter-Assoziation.

Ohne Engels kein Marxismus

Ein eigenes Buchprojekt: „Die Dialektik der Natur“ brach er bald nach dem Tod von Marx (1883) ab. Hier wies er – ebenso wie Marx an einer Stelle des „Kapital“ – darauf hin, dass der Kapitalismus die Biosphäre ruiniere. 1884 veröffentlichte er – u.a. auf der Grundlage von Exzerpten von Marx aus einer Untersuchung des US-amerikanischen Ethnologen Lewis H. Morgan – mit seiner Schrift „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ eine grundlegende Kritik nicht nur der kapitalistischen, sondern auch der vorkapitalistischen Zivilisation und des Patriarchats. Eine weitere eigenständige theoretische Leistung erbrachte er mit der Analyse der Rüstung und der Perspektiven des modernen Krieges. Schon seit seiner Übersiedlung nach London hatte er von Marx die Hauptlast in der Beratung und Mit-Organisierung der internationalen Arbeiterbewegung übernommen. Hierzu gehörten auch diejenigen seiner Schriften, in denen er den Historischen Materialismus popularisierte und massenhaften Einfluss gewann, darunter bereits in den siebziger Jahren „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft“ („Anti-Dühring“). Die hauptsächliche Leistung seiner späten Jahre aber ist die Edition des zweiten und dritten Bandes des „Kapital“ (1885 bzw. 1894), die Marx nicht mehr hatte vollenden können. Dieser hatte gewusst, dass auch der erste Band von 1867 ohne Engels nicht erschienen wäre. Der Marxismus und die an ihm orientierte Arbeiterbewegung sind ohne Engels undenkbar.

Georg Fülberth

Dieser Artikel erschien in der aktuellen Position, dem Magazin der SDAJ.

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