Marxistischer Spickzettel: Die Oktoberrevolution

veröffentlicht am: 7 Dez, 2017

Die Oktoberrevolution 1917 war der Startschuss für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft in Russland und schon immer ein Dorn im Auge der bürgerlichen Geschichtsschreibung. Schon die Menschewiki, die sozialdemokratische Abspaltung der Kommunisten (Bolschewiki) in Russland, erklärten am Tag nach dem Sturm auf das Winterpalais, dass die Oktoberrevolution ja eigentlich ein Putsch sei. Bis heute erzählen bürgerliche Historiker und Medien die Geschichte einer kleinen Gruppe an Verschwörern, die zum günstigsten Zeitpunkt putschten und durch skurrilste Umstände den Bürgerkrieg danach überstand. Sehen wir uns das mal an:

Am 7. November 1917 stürzte eine relativ kleine Gruppe bewaffneter Arbeiter unter Führung der Bolschewiki die bürgerliche Regierung in Petrograd. Doch wie kam es dazu? Nach dem Sturz des Zaren im Februar 1917 wurde aus dem russischen Parlament eine provisorische, bürgerliche Regierung gebildet. Daneben entstanden aber auch Arbeiter-, Soldaten- und Bauern-Räte, die neben der Provisorischen Regierung existierten und über Gremien und Ausschlüsse operierten. Das heißt sie organisierten sich basisdemokratisch von einzelnen Dorfsowjets bis auf gesamtrussischer Ebene und verwalteten so parallel zur bürgerlichen Regierung das Land. Sie waren im Gegensatz zu der bürgerlichen Regierung demokratisch gewählt und jederzeit neu wählbar. Dort waren, wie auch in der Provisorischen Regierung, bürgerliche Parteien in der Mehrheit. Doch durch das Fortführen des Ersten Weltkriegs gegen Deutschland verloren die bürgerlichen Parteien den Rückhalt in der kriegsmüden Bevölkerung und in den Räten setzten sich die Bolschewisten und die mit ihnen verbündeten Klein- und Mittelbauern durch. Außerdem wurde auf Großdemonstrationen, zum Beispiel in Petrograd, eine Verlagerung des Machtverhältnisses in der Bevölkerung zugunsten der Bolschewisten offensichtlich. Dazu hatten sie in den meisten Industriestädten in den Arbeiterräten und am 2. gesamtrussischen Kongress, einem Event, bei dem die Räte aus dem gesamten Land zusammentrafen und über die Zukunft debattierten und entschieden, die Mehrheit. Dort wurde außerdem ein Zentrales Komitee gewählt.

War die Oktoberrevolution also ein Putsch? Die Bolschewiki hatten einen Großteil der Bevölkerung Russlands hinter sich, die bürgerliche Regierung hatte kaum noch Rückhalt. Die Losung der Bolschewisten „Alle Macht den Räten“ war gesellschaftlicher Konsens. Die Zerschlagung der bürgerlichen Regierung lief glatt und unblutig ab, es gab niemanden, der sie verteidigt hätte.

War die Oktoberrevolution also eine Verschwörung einer kleinen Gruppe? Nein, die Revolution bestand aus weit mehr als zum richtigen Zeitpunkt die Provisorische Regierung zu stürzen. Ohne die Macht im Rätesystem und die Unterstützung der Bevölkerung wäre dies nicht so möglich gewesen und die Bolschewisten wahrscheinlich nicht an der Macht geblieben. Statt durch blutige Straßenkämpfe wurde die Macht relativ friedlich übernommen und daraufhin in einem dreijährigen Bürgerkrieg erfolgreich verteidigt. Dabei waren die Bolschewiki die einzigen, die in diesem Bürgerkrieg irgendwie demokratisch legitimiert wurden. Sie wurden von der Bevölkerung unterstützt und starteten ihre Regierung mit sozialen Reformen, die das Elend der Menschen beheben sollten, während die anderen Parteien nur durch die maßgebliche Unterstützung von ausländischen Mächten lebten.

Lukas, München

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