Post von der SDAJ: Offener Brief an Alexis Tsipras

veröffentlicht am: 6 Jul, 2012

Hellas, lieber Alex,

Mensch, jetzt bist du doch nicht Regierungschef in Griechenland geworden, dabei hast du dir das doch so gewünscht! Und was für eine Mühe ihr – du und Syriza – euch gegeben habt! Deinen Landsleuten hast du versprechen gemacht, aber hallo: Du hast ihnen höhere Löhne, eine Neuverhandlung der Schulden und eine Refinanzierung Griechenlands über Steuererhöhungen bei den Reichen versprochen, hast gesagt, ihr wärt die einzige Alternative zum Spardiktat.

Dann, als die Wahl immer näher rückte, hast du dir neue Freunde gesucht: Freunde aus den Reihen der Sozialabbau-Partei PASOK, die deinem Wahlbündnis beigetreten sind und auch Freunde, die so mancher bei aller Rhetorik nicht erwartet hätte: Die Bourgeoisie! Im Euro würdet ihr bleiben wollen (damit Deutschland auch weiterhin seine Waren bei euch verticken kann?) und hast, was die Ursachen der Krise in Griechenland angeht, in genau das selbe Horn gestoßen, wie alle anderen auch: Euer Staatsapparat sei zu aufgebläht und es müssten einfach mehr Steuern her. Am Ende setzten sich sogar einige Chefs der griechischen Unternehmerverbände für dich ein. Komisch, hm?

Links blinken und rechts abbiegen, gell? Lippenbekenntnisse reichen nicht und eine soziale EU kann, wenn sie mit der heutigen EU noch etwas zu tun haben möchte, nicht herbeigewählt werden. Das hat auch die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) erkannt und vielleicht ist das der Grund, weshalb du und deine wechselnden Spielkameraden sie – offen und verdeckt – seit Jahren angreift. Die KKE stand trotz der Gefahr eines drohenden Stimmverlustes zu ihrer Analyse und weigerte sich, eine Aufweichung ihrer Positionen in Kauf zu nehmen, um eurem Bündnis beizutreten.

Die KKE ist die einzige Kraft in Griechenland, die die aktuellen Prozesse in Griechenland rein vom Standpunkt der Unterdrückten und Ausgebeuteten aus bewertet und ihre Strategien trifft. Und im Gegensatz zu euch ist sie tief mit der arbeitenden und lernenden Bevölkerung des Landes verbunden. Deine Wahlparolen sollten u.a bewirken, dass KKE-WählerInnen zur Syriza abwandern. Das mag geschehen sein, allerdings bestimmt nicht für lange Zeit: Ein Großteil deiner WählerInnen waren Protestwähler, die sich von deinen bewusst interpretationsfreudigen Parolen haben fangen lassen.

Genauso seid ihr in der Vergangenheit Bündnisse mit reaktionären bis rechtsradikalen Parteien eingegangen, um die Wahl eines kommunistischen Bürgermeisters auf der Insel Ikaria zu verhindern. Das ist das wahre Gesicht der Syriza, in der vom Trotzkisten bis zum Sozialdemokraten jeder mitmachen darf, solange er nur dem Sturz des Kapitalismus abschwört. Und psst, ganz unter uns: Hast du ernsthaft an das geglaubt, was du vor der Wahl versprochen hast? Ok, war ein ganz netter Scherz. Wir wünschen dir auf jeden Fall viel Spaß bis zur nächsten Wahl, vielleicht klappts ja beim nächsten Mal…

Moritz (Bochum) & dein Zeitungskollektiv

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