Hanau muss die Endstation von rassistischen Anschlägen werden

veröffentlicht am: 22 Okt, 2020

Wir haben mit Irfan von der DIDF-Jugend Hanau gesprochen

POSITION: Für den 22.08. hattet ihr gemeinsam mit anderen Bündnispartnern eine Großdemo in Erinnerung an den Anschlag in Hanau organisiert. Was war dort geplant und was waren eure Ziele?

Irfan:Als Hanauer hatten wir zwar Erfahrung mit Alltagsrassismus, aber mit so einer schrecklichen Tat haben wir in unserer bunten Stadt nicht gerechnet. Der rassistisch motivierte Anschlag in Hanau hat uns wie jeden geschockt.Nach dem Anschlag haben wir uns unmittelbar zusammengefunden, um die Situation einzuschätzen und angemessen zu reagieren. Nach Bekanntwerden der rechten Gesinnung des Täters bekam unsere Arbeit eine neue politische Dimension. Das erste war ein Trauermarsch am 21.02.2020 vom ersten Tatort zum zweiten Tatort. Einen Tag darauf wurde eine Großdemonstration mit mehreren Tausend Menschen unter dem Motto „Gemeinsam gegen rechten Terror“ organisiert. Daraufhin haben wir uns auf Mahnwachen, Kundgebungen und Beerdigungen ein Versprechen gegeben: Dass die Namen der Opfer nicht vergessen werden, dass es nicht bei folgenloser Betroffenheit bleibt. Wir haben die „19. Februar Initiative“ gemeinsam mit unseren Bündnispartnern mitgegründet, um der Solidarität und den Forderungen nach Aufklärung und politischen Konsequenzen einen dauerhaften Ort zu geben. Wir werden nicht zulassen, dass der 19. Februar 2020 unter den Teppich gekehrt wird – so wie die unzähligen rechten Morde zuvor. Wir werden auch nicht zulassen, dass erneut Täter geschützt und ihre Gewalt verharmlost wird.

Die Demo wurden dann kurzfristig verboten. Welche Gründe wurden euch genannt?

Irfan: Jeden 19. des Monats haben wir gemeinsam mit den Angehörigen Gedenkveranstaltungen abgehalten. Zum Halbjahrestag haben wir den Aufruf der Angehörigen und der Initiative für eine Großdemonstration mit vorbereitet. Unter den Forderungen “lückenlose Aufklärung der Tat, politische Konsequenzen, Gerechtigkeit und eine angemessene Erinnerung” sollte die Demo stattfinden. Bis zuletzt wurde ein großer Aufwand betrieben, weswegen uns die Entscheidung, die Demo zu verbieten, umso mehr traf. Sie kam am Vortag gegen 21 Uhr. Sofort haben wir uns mit den anderen Mitgliedern der Initiative und den Familienangehörigen getroffen. Da das Verbot pandemiebedingt und sehr kurzfristig war, blieb uns nichts Anderes übrig, als die Demo abzusagen. Die Kundgebung jedoch fand wie geplant statt, gleichzeitig wurde sie in über 50 Städte bundesweit live übertragen. Nach der Kundgebung haben wir als DIDF Jugend eine spontane Kundgebung abgehalten, in der wir unsere Stellungnahme vorgetragen haben.

Wie wollt ihr jetzt weiter vorgehen?

Irfan:Damit Hanau keine Zwischenstation, sondern die Endstation von rassistischen Anschlägen wird, geht unser Kampf gegen strukturellen und institutionellen Rassismus weiter. Wir werden unser Zusammenleben in den Schulen, Universitäten, Betrieben und Ortsteilen verteidigen, um gebündelt für eine bessere und lebendigere Zukunft zu kämpfen.

Dieses Interview erschien in der aktuellen Position, dem Magazin der SDAJ.

Noch ein paar Worte von der DIDF-Jugend:

„Wir als Migrantenarbeiter Organisation (DIDF) und unsere Jugendorganisation, die DIDF-Jugend, haben uns von Anfang an den Kampf gegen Rassismus und einer seiner größten Ursachen, die neoliberale und rechte Politik, auf unsere Fahnen geschrieben. Denn Rassismus wird von den Herrschenden als Instrument zur Spaltung der Gesellschaft ausgenutzt, um den Kampf gegen Ausbeutung zu unterdrücken. Vor allem die letzten Jahrzehnte haben uns gezeigt, dass der Rassismus in Deutschland wieder anfängt neue Blutspuren zu ziehen“.

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