Abschlussrede der Brigade „Batalla de ideas“

veröffentlicht am: 17 Sep, 2013

Liebe Genossinnen und Genossen,

ganze drei Wochen sind wir jetzt schon gemeinsam auf Kuba, Zeit um ein wenig auf unsere Arbeit und unsere Eindrücke zurück zu blicken. Jetzt, wo es für uns zurück in den kapitalistischen Alltag nach Deutschland und Österreich geht, sollten wir versuchen unsere Erfahrungen ein wenig zu bündeln.

Unsere Brigade war mehr als eine Jugendreise in die Karibik. Sie war in erster Linie ein Austausch über unseren gemeinsamen Kampf für den Sozialismus in seinen landesspezifischen Formen. An diesem Austausch konnten uns auch keine Sprachbarrieren hindern. Unser gegenseitiges Interesse aneinander und den Umständen unter denen wir leben hat solche Hindernisse zu Nebensächlichkeiten gemacht.

Bevor ich ein paar Punkte benenne die aus meiner Sicht zentral für unsere Brigade waren, möchte ich ein paar Menschen für das Ermöglichen dieses Austausches danken:

  • Ganz offensichtlich sind das zunächst die Übersetzer von der Cátedra Humboldt. Ohne euch wäre der deutsch-kubanische Austausch so nicht möglich gewesen, bzw. Lena und Jann wären vor Ende der Brigade vor Erschöpfung zusammen gebrochen.
  • Ebenfalls danken möchte ich der CUJAE, für ihre Gastfreundschaft und den besten Ort den man sich für die Umsetzung unserer Vorhaben wünschen kann.
  • Unseren kubanischen GenossInnen, die wir sehr lieb gewonnen haben, möchte ich dafür danken, dass sie uns zu jeder Tages- und Nachtzeit einen tieferen Einblick in die kubanische Realität gegeben haben und sich stets um unsere Wohlergehen gesorgt haben.
  • Julian gilt unser Dank für seinen unermüdlichen Einsatz für alle kleinen und größeren Probleme der Brigade. Ganz besonders wertvoll war meiner Ansicht nach, wie es dir gelungen ist jedes noch so kleine Phänomen in einen größeren politischen Kontext einzuordnen und unseren Blick auf die zentralen politischen Fragen zu lenken.

Euch allen ein großes Dankeschön im Namen unserer Brigade!

Im Rahmen unseres Kuba-Solidaritätsprojekts haben wir uns als SDAJ u.a. die Aufgabe gestellt Sozialismuspropaganda in Deutschland zu machen. Dabei haben wir bereits erlebt, auf welch starken Widerstand, insbesondere dank der kapitalistischen Medien, wir dabei stoßen. Es wird behauptet eine gemeinsame Schule für alle sei lern- und leistungsfeindlich, jeder sei selbst für seinen Platz in der Gesellschaft verantwortlich und Kuba hätte mit den Wirtschaftsaktualisierungen den Pfad des Sozialismus endgültig verlassen. Der Sozialismus wird verteufelt, damit Jugendliche ja nicht auf die Idee kommen es gäbe eine Alternative zum Kapitalismus.

Wenn wir Jugendlichen in Deutschland und Österreich also wieder eine Perspektive für ihren Kampf geben wollen, muss es uns gelingen, die Lügen der Herrschenden als eben solche zu entlarven. Nur dann wirkt unsere Sozialismuspropaganda.

Eben darum war es unser Anspruch, uns zu Experten über den kubanischen Sozialismus auszubilden. Aber wer ein Experte werden will, der muss in erster Linie lernen. Was also haben wir konkret gelernt?

Die Genossin vom Zentralkomitee der kommunistischen Partei Kubas hat betont, in was für einer spannenden Zeit unsere Brigaden stattfinden. Ich meine sie hat Recht damit. Erst gestern haben wir Familienangehörige der Cuban 5 treffen können, zu einer Zeit in der René bereits wieder auf Kuba ist und Aktivitäten für den anstehenden 15. Jahrestag der Verhaftung der Fünf vorbereitet werden.

Wir haben gelernt, welchen Angriffen sich der Sozialismus in Kuba tagtäglich ausgesetzt sieht und wie die Wirtschaftsblockade die ökonomische Entwicklung des Landes behindert. Wir haben gelernt, wie Kuba sich nicht nur gegen ökonomische Angriffe, sondern auch gegen politische & ideologische Infiltration zur Wehr setzt. Der Fall der Cuban 5 ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie fünf Menschen, die die Unabhängigkeit ihres Landes verteidigen, vom Imperialismus attackiert werden.

Ein weiterer Punkt, der die Zeit zu der wir auf Kuba sind, so spannend macht, sind die Wirtschaftsaktualisierungen. Als Jugendliche, die den Sozialismus nur aus der Theorie kennen, ist es um so eindrücklicher, aus erster Hand zu erfahren, wie versucht wird, die Widersprüche im Sozialismus in der Praxis zu lösen. Zu lernen wie schwierig und widersprüchlich sich der Aufbau des Sozialismus gestaltet, hat auch eine allgemeinere Bedeutung für uns. Denn schließlich wird eine sozialistische Nation stets mit Widersprüchen zu kämpfen haben – sei es auf Grund der Aggressivität des Imperialismus, der Devisenwirtschaft im Außenhandel oder auch der Frage des Verteilungsprinzips der gemeinschaftlich produzierten Güter. In diesem Sinne waren sicherlich nicht alle Erklärungen zu diesen Maßnahmen leicht nachvollziehbar für uns, aber sie waren in jedem Fall sehr lehrreich. Insbesondere der Diskussionsprozess um die Aktualisierungen zeigt sehr eindrücklich was es bedeutet, wenn die Menschen ihre Geschicke selbst in die Hand nehmen.

Mich haben im Rahmen dieser Diskussionen v.a. zwei Sachen besonders nachhaltig beeindruckt.

  1. Die Rolle der Kommunisten in der kubanischen Gesellschaft und den politischen Strukturen. Die Aktualisierungen basieren auf Leitlinien der Kommunistischen Partei, sie wurden in allen Organisationen Kubas ausgiebig diskutiert. Für mich hat sich sowohl in der Rolle, die Kommunisten in den Diskussionsprozessen der Massenorganisationen einnehmen, sowie in ihrer Rolle als politische- statt Wahlpartei die Avantgarderolle der Kommunisten auf Kuba bewiesen.
  2. Im Zusammenhang damit hat mich insbesondere die breite Einbeziehung der Bevölkerung in die Diskussion und Organisation des gesellschaftlichen Lebens fasziniert. Von Antikommunisten wird immer wieder behauptet im Sozialismus hätte nur eine kleine eingeschworene Clique das Sagen, es gäbe keine Meinungsfreiheit. Wir haben gesehen, dass in Kuba nicht nur die Revolution ohne Unterstützung der Bevölkerung unmöglich gewesen wäre, auch ihre Verteidigung in der Schweinebucht wäre ohne die breite und bedingungslose Hingabe der Bevölkerung nicht gelungen. Kuba weiß, dass die Unterstützung der Menschen überlebensnotwendig für seine Unabhängigkeit, für den Sozialismus ist. Eben darum finde ich Massenorganisationen wie die CDRs so sympathisch und eben darum ist der Satz, dass „nur ein gebildetes Volk ein freies Volk ist“ nicht bloß eine Phrase in Kuba.

Kuba ist kein ökonomisch oder militärisch besonders mächtiges Land. In allen Auseinandersetzungen, sei es beim Kampf um die Befreiung der Fünf oder dem Aufbau des Sozialismus ist Kuba auf die Einsicht und politische Aktivität der Masse der Menschen angewiesen. Dafür ist v.a. auch ideologische Überzeugungsarbeit notwendig. Das gilt insbesondere bei einer Jugend, die vom Kapitalismus viel versprochen kriegt und vom Sozialismus nicht immer bekommt was sie sich erhofft. Nicht ohne Grund heißt unsere Brigade „Batalla de ideas“. Und insbesondere im Bezug auf den Kampf der Ideen können wir meiner Ansicht besonders viel voneinander lernen. Während wir in der Regel sehr stark auf eine theoretisch fundierte Argumentation achten, vernachlässigen wir manchmal etwas, das ich bei euch sehr intensiv gespürt habe – die Gewinnung der Herzen der Menschen.

Wir haben versucht euch mit Faktenwissen über die kapitalistische Realität auszustatten, auch damit ihr Leuten wie dem Konterrevolutionär bei unserem letzten Café Tamara Bunke in Zukunft unwiderlegbare Fakten über den Kapitalismus entgegen halten könnt. Ihr wisst nun, wie der Kapitalismus systematisch Ungleichheit, Perspektivlosigkeit und Armut produziert. Ihr seid ausgestattet mit Argumenten, um die kapitalistischen Versprechen an die Jugend als Lügen zu entlarven. Wir sind im Gegenzug nicht nur mit Unmengen an Fakten ausgestattet, sondern vor allem auch mit tiefer Zuneigung zum kubanischen Sozialismus.

Den Kampf der Ideen gewinnen wir nur wenn wir die Herzen und Hirne der Menschen gewinnen!
In diesem Sinne haben wir viel für die Aufgaben die vor uns liegen gelernt und unsere beiden Brigaden zu einem großen Erfolg gemacht.

Hoch die internationale Solidarität! Viva Cuba socialista!

Paul, Offenbach

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