Zähne zeigen: Mit dem Fiskalpakt sorgt das Kapital für Stabilität. Vor allem für die eigenen Profite.

veröffentlicht am: 20 Sep, 2012

(Foto: Eoghan O’Lionnain, CC)

„Fäkalpakt“. Das Wort sticht mir auf meiner Facebook-Timeline entgegen. Die ver.di Jugend reagiert so etwas vulgär auf jenen Fiskalpakt, der wenige Tage zuvor in Brüssel beschlossen wurde. „Demokratie sieht anders aus“ steht als Kommentar darunter. Doch was ist eigentlich dieser Fiskalpakt?

Der Fiskalpakt soll vor allem eines sein: Die Forsetzung des europäischer Stabilitätspaktes als automatischer Mechanismus mit Zähnen. Bisher war die Regel, dass ein Land sich bis zu maximal 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) verschulden durfte. Wenn es mehr Schulden machte, konnte das Land vorm europäischen Gerichtshof verklagt werden. Der Fiskalpakt schreibt nun vor, dass jedes Land in die jeweilige nationale Verfassung eine „Schuldenbremse“, also einen Ausgabestopp, für immer und ewig einfügen muss. Damit darf ein EU-Mitgliedsstaat dann maximal 0,5% des BIP Schulden machen, ansonsten übernimmt die EU-Kommission (und damit hauptsächlich Deutschland) das Ruder. Diese darf dann – locker am nationalen Parlament vorbei – den Haushalt bestimmen, d.h. Ausgaben beispielsweise für Bildung oder Soziales kürzen wie sie will. Der jeweilige Staat verliert damit seinen haushaltspolitischen Handlungsspielraum.

Wozu so ein Eingriff führt, wurde bereits an Griechenland vorgeführt: Die EU-Kommission setzte Kommissare ein, die Ausgaben strichen – und zwar so, dass vor allem der Lebensstandard der arbeitenden Menschen sank. Dabei wurde und wird stets drauf geachtet, was für das Kapital, das die erste Geige in der EU spielt, vor allem also das Deutsche Kapital, am Besten ist. So wurden in Griechenland nicht etwa Rüstungsausgaben verringert – irgendwer musste ja die 300 Leopard-Panzer kaufen – sondern es wurde vor allem in den Bereichen Gesundheit, Soziales und Bildung gekürzt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fasst treffend zusammen: „Letztendlich wird der Fiskalpakt dazu führen, dass europaweit und quer durch alle Ressorts Staatsausgaben gekürzt werden müssen – vom Sozialetat über Bildung und Forschung bis hin zu Projekten des Verbraucherschutzes und der Umweltpolitik.“

Der Fiskalpakt ist also ein wichtiger Hebel, um den Sozialabbau nach deutschen Vorbild zu europäisieren und andere Länder „wettbewerbsfähig“ zu machen, d.h. möglichst wenig für die arbeitenden Menschen, möglichst viel Profit(möglichkeiten) für das Kapital, besonders das deutsche. Dabei wird nicht etwa die Eurokrise bekämpft, sie wird zur schrittweisen Durchsetzung der „Stabilitätsunion“ genutzt, zur Anpassung Europas an die einseitige Exportorientierung des deutschen Monopolkapitals. Den hier arbeitenden und lernenden Menschen hilft das natürlich nicht, sie haben ja jetzt schon die Rente mit 67, Reallohnverlust und ein marodes Bildungssystem.

Tom, München

Gruppenkarte

finde die SDAJ Gruppe in deiner Nähe!

mehr zum Thema

Das, was man bei uns so Freiheit nennt

Das, was man bei uns so Freiheit nennt

Freie Zeit, Freizeit & das JZ „Es versteht sich von selbst, daß die time of labour selbst, dadurch, daß sie auf normales Maß beschränkt, ferner nicht mehr für einen anderen, sondern für mich selbst geschieht, zusammen mit der Aufhebung der sozialen Gegensätze...

mehr lesen
Arbeitszeitverkürzung und die Realität

Arbeitszeitverkürzung und die Realität

Gewerkschaften und die Verkürzung der Arbeitszeit heute Historisch ist das Thema Arbeitszeitverkürzung sehr präsent in den Gewerkschaften. Sei es der Kampf um den 8 Stunden Tag, die 35 Stunden Woche der westdeutschen Metall- und Elektroindustrie oder der arbeitsfreie...

mehr lesen