Jena: Eine Schule für Alle!

veröffentlicht am: 6 Sep, 2012

Rita ist 15 Jahre alt und hat mehrere Jahre eine private Schule in Westthüringen besucht. Aus Unzufriedenheit hat sie die Schule und schließlich auch ihren Wohnort gewechselt. Rita ist bereit uns einige Probleme ihrer ehemaligen Schule zu erläutern. „Rita“ ist allerdings nur ein Pseudonym, um die Interviewte vor möglichen negativen Konsequenzen aus ihrer Ehrlichkeit zu schützen.

SDAJ Jena: Warum hast du damals entschlossen diese Schule zu besuchen?

Rita: Alle anderen Schulen in meinem Ort waren gebäudetechnisch in einem SEHR schlechtem Zustand (seit 30 Jahren unsaniert, kein moderner Brandschutz, alte Schulbücher, Putz bröckelt von der Decke, etc…) oder über 3 km von meinem Wohnort entfernt. Da haben sich meine Eltern und ich dafür entschlossen Schulgeld zu zahlen damit ich eine einigermaßen moderne Schule besuchen kann.

SDAJ Jena: Wie viel Geld musstet ihr für wenigstens halbwegs gute Lernbedingungen bezahlen?

Rita: Erst 50 Euro. Nach der Reform 2011/2012 für freie Schulen mussten wir 80 Euro bezahlen. Kosten wurden für Sozialhilfeempfänger von der Stiftung erst ab Klasse 6 übernommen.

SDAJ Jena: Wie war die Schule technisch ausgerüstet? Wie groß waren die Klassen?

Rita: Die Schule wurde nach und nach mit elektronischen Tafeln ausgestattet. Pro stück kosten diese 10.000 Euro. Damit werden nun nach und nach alle Räume (ca. 20) ausgestattet. Die Computer für Lehrer und Verwaltung waren immer mit neusten Betriebssystemen ausgestattet und waren insgesamt sehr hochwertig, sowie die Lernrechner für Informatik und die 5 Schullaptops.
Also meistens große Flachbildschirme, neustes Windows, neuste Vollversionen von Microsoft Office usw. Die Klassen sind immer 25 Schüler stark, dafür gibt es aber auch sehr große Räume.

SDAJ Jena: Wenn man sich andere staatliche Gymnasien in Thüringen anschaut, hört sich das doch eigentlich ziemlich gut an. Wo lagen also die Probleme, die dich zu einem Schulwechsel bewegt hatten?

Rita: Die Schule konnte sich diesen Luxus leisten, da die größtenteils reichen Eltern der Schüler viel Geld und andere materielle Güter an die Schule spendeten.

Probleme lagen vor allem darin, dass Schüler mit individuellen Aussehen und Auftreten sofort das Opfer von Mobbing und „gemeinen“ Gerüchten wurden. Dagegen wurde so gut wie gar nichts gemacht. Eine Klasse, die größtenteils nur Schüler mit sehr wohlhabenden Eltern und unter anderem die Tochter des Direktors „beinhaltete“ musste sich zum Beispiel an keine Regeln halten.
Schüler mit reichen Eltern, also die der Direktorenfamilie nahe standen wurden bewusst besser behandelt. Die Schule wurde sozusagen in „zwei Klassen“ aufgeteilt.
Es kam öfter vor, dass diese Schüler andere Schüler aus oberen Klassen die Aufsichtspersonen waren beleidigten. Wenn diese dann Beschwerden einreichten wurde das ignoriert.

In der Pause wurde ich beim Essen absichtlich gegen einen der Behälter geschubst, was von mehreren Personen beobachtet wurde, sogar von Lehrern – das Mädchen wurde nicht einmal auf ihr Verhalten angesprochen.

Den Lehrern waren in dieser Sache die Hände komplett gebunden, weil sie (da sie an der Privatschule nicht verbeamtet sind) jederzeit entlassen werden konnten.

Viele der guten Lehrer haben dann irgendwann gekündigt wenn sie eine bessere Stelle gefunden haben. Darauf gab es Notlösungen.

Mein Mathelehrer hatte zum Beispiel einen schlechten Ruf schon bevor er an meine Schule kam. Er zeichnete sich dadurch aus, dass man seinen Unterricht nicht verstand, da er komplett unstrukturiert war und er andauernd wegen Kleinigkeiten herumschrie und sich Mädchen gegenüber frauenfeindlich äußerte.

Die Meinungsfreiheit wurde auch unterdrückt. Jegliche politischen Aussagen wurden unter den Tisch gekehrt oder als lächerlich bezeichnet wenn sie nicht dem rechts-konservativen oder neoliberalen Bild entsprachen. Das wurde einem von vielen Seiten und Veranstaltungen in der Schule regelrecht eingetrichtert.

SDAJ Jena: Diese Situation macht einen Schulwechsel wirklich sehr verständlich. Wie würdest du dir in ein paar Sätzen eine gute Schule vorstellen?

Rita: Eine Schule, die kein Schulgeld kostet, aber trotzdem modern ausgestattet ist Zum Beispiel mit elektronischen Tafeln lässt sich der Unterricht sehr gut gestalten und bringt somit mehr Spaß und Abwechslung. Eine Schule, in der man keine uralten Schulbücher benutzen muss, mit freundlichen kompetenten Lehrern und regelmäßigen Projekten die den Zusammenhalt in Klassen stärken und Mobbing verhindern.

Ritas ehemalige Schule beweist einmal mehr, dass eine gute Schule vom Portemonnaie der Eltern abhängt. Die SDAJ will eine gute Bildung für alle Schüler und konkretisiert das in klaren Forderungen:

  • Eine Schule für alle, weg mit dem gegliederten Schulsystem
  • Weg mit allen Zugangsbeschränkungen im Bildungssystem
  • Bundeswehr und Konzerne raus aus Schulen und Unis
  • Verbot von Privatschulen!
  • allgemeinpolitisches Mandat für SV und AstA
  • Recht auf politische Betätigung! Recht auf Bildungsstreik!
  • Ausstattung der Bildungseinrichtung mit dem neuesten und fortschrittlichsten Material

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