Gewerkschaft heisst Kampf nicht Kompromiss um jeden Preis – Zum Tarifabschluss im TVöD

veröffentlicht am: 9 Apr., 2025

In der Tarifrunde im Öffentlichen Dienst liegt nun ein Ergebnis vor:

  • Ab dem 01.04.2025: +3%, mindestens 110€ Erhöhung, ab dem 01.05.2026: +2,8% Erhöhung
  • Laufzeit: 27 Monate
  • Erhöhungen der Schichtzulagen.
  • Erhöhung der Jahressonderzahlung und anschließend die Möglichkeit, diese in bis zu 3 freie Tage umzuwandeln ab 2026
  • Bei Pflegeheimen und Krankenhäusern keine Umwandlung der Jahressonderzahlung in mehr freie Tage, dafür bessere Erhöhung.
  • Ab 2026 eine „freiwillige“ Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 42 Stunden
  • ein weiterer Urlaubstag ab 2027

 

Für Auszubildende:

  • Ab dem 01.04.2025: +75€ Erhöhung
  • Ab dem 01.05.2026: +75€ Erhöhung
  • Unbefristete Übernahmen bei einer Mindestnote 3, sowie betrieblichen Bedarf und zusätzlichen Bedingungen wie zb keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen in der Ausbildung und vor allem gilt die unbefristete Übernahmeund nur, wenn die Auszubildenden keinen Zweifel an der freiheitlich demokratischen Grundordnung (FDGO) aufkommen lassen

 

Was bedeutet das jetzt?

Die Lohnerhöhungen sind weit entfernt von den geforderten 8% und mindestens 350€. Diese wären jedoch nötig gewesen um einen erneuten massiven Reallohnverlust zu verhindern – und angesichts der Summen, die der Staat für Aufrüstung ausgibt auch bezahlbar.

Die Laufzeit ist außerdem auch deutlich länger als die geforderten 12 Monate und zwingt die Gewerkschaftsmitglieder für länger als zwei Jahre in die Friedenspflicht. Das ist angesichts absehbarer Einsparungen in der Öffentlichen Daseinsfürsorge besonders dramatisch.

Das Wahlmodell wird für Spaltung sorgen zwischen Beschäftigten, die sich freie Tage auf Kosten der Erhöhung der Jahressonderzahlung leisten können und denjenigen, die es nicht können.

Für Beschäftigte in Pflegeheimen und Krankenhäusern steht die Option für mehr Freizeit nicht zur Verfügung, obwohl hier Entlastung aufgrund des hausgemachten Personalmangels besonders nötig wäre.

Mehr Arbeit – weniger Geld

Die „freiwillige“ Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden ist ebenfalls ein riesiger Verlust für uns. In den letzten Monaten wurde jedem, der die Nachrichten auch nur ein wenig verfolgt, deutlich, wohin die Reise gehen soll: Politik und Wirtschaft forderten abwechselnd die Abschaffung von Feiertagen, die Erhöhung der Wochenarbeitszeit, die Streichung von Urlaubstagen und der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. All dies läuft darauf hinaus, dass wir mehr arbeiten sollen – für die Profite der Arbeitgeber, für Aufrüstung und Kriegstüchtigkeit. Dies ist nun im Tarifabschluss festgeschrieben und stellt einen ersten Schritt zur Aufweichung des 8-Stunden-Tags dar.

 

Außerdem droht die Übernahme dessen in andere Tarifabschlüsse, denn der TVöD-Abschluss hat Vorbildcharakter für andere Tarifabschlüsse, zb den TV-L.

Was nötig wäre, um der Überlastung im Öffentlichen Dienst wirklich etwas entgegenzusetzen, wäre eine kollektive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich sowie eine deutliche Verbesserung der Ausbildungsbedingungen.

Zusätzlich ist die Übernahmeregelung für Auszubildende ein Witz.

Die TV-L Regelung zeigt bereits jetzt, dass die Arbeitgeber die Übernahmeregelung komplett aushebeln können, indem sie einfach keine Bedarfsrechnungen durchführen und sagen, dass es keinen Bedarf gibt. Zack – Übernahme abgelehnt oder nur befristet!

Außerdem zeigt die Passage mit der FDGO, dass eine Wiederkehr der Berufsverbote bevorsteht. Mit dieser Gesinnungsprüfung wird den Arbeitgebern ein Werkzeug in die Hand gegeben, unliebsame kritische Stimmen nicht zu übernehmen – sei es je nach Bedarf im Falle von Widerstand gegen Kriegstreiberei und Unterstützung des Genozids an den Palästinenser*innen oder auch gegen Sozialabbau und Rechtsentwicklung.

Die Arbeitgeber haben zwei Verhandlungsrunden lang kein Angebot vorgelegt und damit die scheinbare Sozialpartnerschaft offen aufgekündigt. Nicht zuletzt mit dem Argument der eigenen Schwäche wurde auf Erzwingungsstreiks verzichtet.

Dies ist mit Blick auf das Ziel, die eigene Schwäche zu überwinden, dramatisch – erfahrungsgemäß entscheiden sich insbesondere in kämpferischen Tarifrunden vermehrt Kolleginnen und Kollegen für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft und Kämpfen lernt man eben besonders durch eins – durchs Kämpfen!

In Zeiten von Sozialabbau, massiver Aufrüstung, Einsparungen und Personalkürzungen wäre ein Erzwingungsstreik ein deutliches Zeichen dafür gewesen, dass die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, die dieses Land Tag für Tag am Laufen halten, das nicht einfach so über sich ergehen lassen.

 

Was nun?

Gemeinsam mit vielen Kolleginnen und Kollegen haben wir in den letzten Wochen diskutiert, organisiert und gestreikt. Dabei haben wir alle wichtige Erfahrungen sammeln können, in der Diskussion um Forderungen und Arbeitgeberpositionen, beim Reden auf Streikkundgebungen und als Ordner*in, wir haben gegenseitige Solidarität erlebt und gelebt.

Diese Erfahrungen dürfen nicht verloren gehen, wir müssen sie weiter nutzen für kommende Auseinandersetzungen!

Das Ergebnis ist für uns, wie für viele unserer Kolleginnen und Kollegen nicht das, wofür wir gekämpft haben, viele wären bereit für Erzwingungsstreiks.

Wir empfehlen die Nichtannahme des Ergebnisses bei den Mitgliederbefragungen.

Außerdem gilt es, die Gewerkschaft und ihre innerbetrieblichen Interessensvertretungsgremien zu stärken – durch Resignation wird der nächste Abschluss nicht besser, wir müssen Kampfbereitschaft aufbauen!

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