Unsere Lunge brennt (POSITION #04/19)

veröffentlicht am: 24 Sep, 2019

Kommentar: Kapitalisten weltweit verdienen an der Umweltzerstörung

Der „neoliberale Jair Bolsonaro ist Wunschkandidat der Märkte“ twitterte die Deutsche Bank im Oktober vergangenen Jahres, kurz vor Machtantritt des neuen brasilianischen Präsidenten. Die aktuellen Brände im Amazonas zeigen: Bolsonaro und seine Regierung scheißen auf den Klimawandel zu Gunsten des Profits, was an sich ja nichts Neues für die Herrschende Klasse eines kapitalistischen Staates ist.
Doch die Regierung Brasiliens unter dem Wunschkandidaten der Märkte ist nicht nur neoliberal, sie hat auch faschistische Züge. So hat sich Bolsonaro einen Hitler verehrenden, kapital gesteuerten Ex-Militär zum Oberhaupt gemacht. Jemanden, der das Pariser Klimaabkommen als „marxistische Weltverschwörung“ bezeichnet und die ehemalige faschistische Militärdiktatur in Chile mit der menschenverachtenden Aussage „Pinochet hätte mehr Menschen töten sollen“ kommentiert.

Das freut die Agrarindustrie
Genau diese Regierung verschärft nun eine der größten Umweltzerstörungen: Riesige Feuerbrände beschleunigen aktuell die Rodung des Amazonas, um damit die Produktion von Biokraftstoffen, landwirtschaftlicher Produktion von Fleisch und Soja, Bergbau und extensive Abholzung durch multinationale Unternehmen zu ermöglichen. Und da passt es ja, dass Brasilien (noch) über eines der wichtigsten Ökosysteme unseres Planeten verfügt, den Regenwald im Amazonas.
Denn mit den Brandrodungen wird den Agrarkonzernen Nutzfläche beschafft. Das alleine ist zwar keine Erfindung Bolsonaros, doch seit seinem Amtsantritt im Januar 2019 nehmen die Rodungen ein unkontrollierbares Ausmaß an. Alleine bis August diesen Jahres waren es beinahe 73.000 Brandherde, 83 % mehr als noch im Jahr davor. Nicht nur, dass die Brände und die nachfolgende Rindfleischproduktion tausende Tonnen von Treibhausgasen erzeugt, auch der Lebensraum von unzählbar vielen Tieren wird zerstört und viele Tiere werden getötet.

Der Kapitalismus ist das Problem
Doch auch die über 230 indigenen Völker müssen um ihr Leben fürchten. Und das freut nicht nur die Sojafirmen, Goldgräber und die Rindfleischindustrie. Bolsonaro ist damit auf dem besten Weg sein Versprechen zu halten, dass es mit ihm als Präsidenten bald keinen Quadratzentimeter indigenes Land geben wird. Denn dieses indigene Land im Amazonas wird im Interesse des Profits täglich brandgerodet. Über die Auswirkung des profitgeriebenen, kapitalistischen Wirtschaftens auf unsere Umwelt hat Friedrich Engels geschrieben: „Wo einzelne Kapitalisten um des unmittelbaren Profits willen produzieren und austauschen, können in erster Linie nur die nächsten, unmittelbarsten Resultate in Betracht kommen. Wenn der einzelne Fabrikant oder Kaufmann die fabrizierte oder eingekaufte Ware nur mit dem üblichen Profitchen verkauft, so ist er zufrieden und es kümmert ihn nicht, was nachher aus der Ware und deren Käufer wird. Ebenso mit den natürlichen Wirkungen derselben Handlungen“.

Und was hat das mit Deutschland und der EU zu tun?
Auch wenn unsere Klimabewegung die Herrschenden in der EU zu Kritik an Brasilien zwingt, sich dadurch Staaten wie Irland zurückhalten und sich der französische Präsident Macron als Retter des Planeten aufspielt, hält die Europäische Union an einem Freihandelsabkommen mit Uruguay, Paraguay, Argentinien und Brasilien fest. Dieses Abkommen, der sogenannte EU-Mercosur-Vertrag, hätte zu Folge, dass die EU durch niedrigere Zölle und erhöhte Einfuhrquoten den Import von Zucker, Rindfleisch, Soja und anderen Produkten drastisch steigern würden. Eine Erhöhung des Imports bedeutet einen erhöhten Bedarf an Nutzfläche und damit eine größere Zerstörung des Regenwaldes. Eine Tatsache, auf die Brasilien sich unlängst vorbereitet, nichts worauf der Markt einen Einfluss hat. Und während man in Deutschland die arbeitende Bevölkerung mit einer CO2-Steuer dazu zwingen möchte, zu bezahlen was Großkonzerne auf der ganzen Welt verursachen, möchte die Bundesregierung am Handel mit Brasilien weiter festhalten.

 

Domi, Neumarkt

 

 

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Dieser Artikel erschien in
POSITION #4/2019
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