Weltmachtstreben? 2014 und das verstärkte „Engagement“ Deutschlands in der Welt

veröffentlicht am: 31 Dez, 2014

Jahresrückblick

Im Jahr 2014 hat sich die Weltlage merklich angespannt – die Kriegsgefahr auch innerhalb von Europa ist real geworden, die warmen Worte zwischen NATO-Staaten und Russland sind vergessen, die Umstrukturierung des Nahen Osten steht auf der Agenda. Uns ist es hier nicht möglich das gesamte weltweite Geschehen des letzten Jahres kurz zu beleuchten, doch wir wollen versuchen einige Schritte und Strategien des deutschen Imperialismus zu benennen auf kriegerische Art seine Interessen in der Welt einzubringen und durchzusetzen.

Afrika
Damals hieß es Deutschland brauche einen Platz an der Sonne, heute heißt es, Deutschland müsse Verantwortung in der Welt übernehmen. Und begonnen werden sollte mit Afrika. Neben den schon laufenden Bundeswehreinsätzen und sogenannten „Unterstützungsmissionen“ im Sudan und Südsudan, am Horn von Afrika, in Senegal und der Westsahara wurden in Somalia und der Zentralafrikanischen Republik im April 2014 Einsätze der Europäischen Union beschlossen. Es könnte überraschen, dass Deutschland sich an diesen Einsätzen beteiligt, waren die beiden Staaten doch bis dato französisches Einflussgebiet. Frankreich war es auch, das diese Einsätze vorantrieb und um Unterstützung Deutschlands bat. Die deutsche Unterstützung könnte deshalb als Zugeständnis der deutschen Regierung an die französische gewertet werden. Frankreich hat nämlich (im Gegenzug) zu Beginn des Jahres dem deutschen Spardiktat innerhalb der EU zugestimmt und eine „Reform“ durchgesetzt, die die deutschen Agenda 2010 zum Vorbild hatte und damit das deutsche Spardiktat innerhalb der EU unterstützte. Doch diese Erklärung reicht nicht aus. Das deutsche „Engagement“ in den französischen Einflussgebieten drückt auch die zwischenimperialistischen Widersprüche zwischen Deutschland und Frankreich aus. Die ehemaligen Einflussgebiete befinden sich in der Neuaufteilung – zu Deutschlands Gunsten. Deutlich wird das am Beispiel Mali. Neben den 80 Bundeswehrsoldaten schickte die deutsche Regierung 100 Millionen Euro „Aufbauhilfe“. Das Ergebnis: Der Präsident Mails verkündete „Deutschland genieße in Mali den diplomatischen Code 001“ und sei „das wichtigste Partnerland“ – bis dahin ist es Frankreich gewesen.

2014 sollte Afrika im Fokus stehen. Und auch wenn es durch den Krieg in der Ukraine und den IS ein wenig in den Hintergrund geraten ist, ist damit zu rechnen, dass Afrika zentral bleiben wird. Der Außenpolitik-Ressortleiter der Süddeutschen Zeitung Stefan Cornelius prognostiziert die gemeinsame EU-Militärpolitik in Afrika habe das Zeug, „eine Agenda 2020 für die Außenpolitik“ zu werden und der Vorsitzende des Afrikavereins der deutschen Wirtschaft, Stefan Liebing, sagte nach der „Africa Finance-Conference“:„Wir sind der Überzeugung, dass sich mit innovativen Finanzierungsformen der deutsche Handel und die deutschen Direktinvestitionen mit und in Afrika schon in den nächsten fünf Jahren verdoppeln könnten.“

EU-Osterweiterung
In der Ukraine hat sich im letzten Jahr gezeigt, wie die Osterweiterung von NATO und EU funktioniert und mit welchen Mitteln sie durchgesetzt wird. Gezeigt hat sich auch, wie weit Deutschland dabei bereit ist zu gehen. Die Ukraine als zweitgrößtes europäisches Land, mit über 45 Millionen Einwohnern und einer geostrategisch wichtigen Lage spielt dabei mit Sicherheit eine wichtige Rolle, doch es ist nicht das einzige Land mit dem im letzten Jahr ein EU-Assoziierungsabkommen geschlossen wurde. Auch mit Finnland, Georgien und Moldawien wurden 2014 entsprechende Abkommen unterzeichnet.
Ziel ist es, das russische Einflussgebiet im Osten zurückzudrängen, um die eigenen Einflussgebiete zu erhöhen – sowohl durch die NATO, in der allerdings weiterhin die USA die vorherrschende Macht ist, wie auch mit der EU, in der Deutschland die Hegemonie hat.
Widersprüche zwischen Deutschland und den USA sind im Ukrainekrieg durchaus sichtbar geworden. Deutschland wollte mit Klitschko einen Deutschen in der Ukraine zum Präsidenten machen, durchsetzen konnten sich allerdings der von den USA favorisierte Kandidat Poroschenko. Und auch die direkte Konfrontation mit Russland stößt nicht bei allen Teilen des deutschen Kapitals auf Gegenliebe. Deutlich wird der Widerspruch zwischen den NATO-Mächten auch an dem Fakt, dass die USA neben der NATO bilaterale Verträge mit vielen Osteuropäischen Staaten abgeschlossen hat: Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Polen, Georgien, Kosovo und Albanien – zum Teil zur Errichtung amerikanischer Militärbasen, zum Teil als Standort des amerikanischen Raketenschilds.
Und doch kann der Ukrainekrieg im Sinne des deutschen Kapitals als erfolgreich ausgewertet werden – das gewünschte Assoziierungsabkommen ist abgeschlossen.

Naher Osten
Der Nahe Osten ist seit langem von den „Umstrukturierungsmaßnahmen“ der NATO-Mächte betroffen. Nach und nach werden alle unliebsamen Staaten mit Krieg überzogen (Irak, Afghanistan, Syrien), bis die destabilisierten Länder den Interessen der NATO-Mächte gerecht gestutzt wurden. Momentan wird das „Ende“ des ISAF-Einsatzes in Afghanistan gefeiert. Die 49.000 internationalen Soldaten werden auf ein Truppenstärke von 12.000 Soldaten (850 Deutsche) reduziert und durch afghanische Sicherheitskräfte ersetzt. Der neue Name für den Einsatz lautet nun „Resolute Support“.
Die Aufteilung im Nahen Osten zwischen den NATO-Mächten sah eigentlich vor, dass die USA ihr „Engagement“ im Zuge dessen insgesamt weiter reduzieren und ihren Schwerpunkt nach Asien verlagern. Die EU sollte dafür verstärkt den Nahen Osten unter Kontrolle halten. Auch wenn sich diese Pläne durch die massiven Gebietseroberungen des Islamischen Staat ein wenig verändert haben, hat Deutschland sein Engagement dort erweitert. In der zweiten Jahreshälfte wurde eine Ausbildungsmission im Nordirak beschlossen, die das Ziel hatte die dortigen „Perschmerga-Kurden“ im Umgang mit den deutschen Waffen im Wert von 70 Millionen Euro auszubilden, die die deutsche Regierung schickte. Der Einsatz wurde nun zum Jahresende auf 100 Soldaten erhöht. Die Beziehung zwischen dem deutschen Imperialismus und der Regierung der „Autonomen Region Kurdistan“ bestehen schon länger. Am 20. März 2013 zum Beispiel trat Nechirvan Barzani, der Neffe des Ministerpräsident der „Autonomen Region Kurdistan“ im Norden Iraks, beim „4. Rohstoffkongress“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin auf.
In diesem Zusammenhang müssen die Diskussionen unter den NATO-Staaten berücksichtigt werden, dass die Neuziehung staatlicher Grenzen in der gesamten Region weiter ernsthaft diskutiert werden müssen. Eine komplette „Neuordnung“ bietet die Chance, Iran zu schwächen – denn die Zerschlagung Syriens und des Iraks geht zu Lasten der dortigen proiranischen Regierungen und ermöglicht es, etwa durch das Herausbrechen eines Staates „Kurdistan“ ein „sunnitisch-säkulares Gegengewicht“ gegen den schiitischen Iran zu schaffen. Dazu passen auch sehr gut die Äußerungen des Heeres-Stabschef Odierno, der in Bezug auf den Kampf gegen den IS von 10-20 Jahren spricht.
Mit den deutschen Patriotraketen in der Türkei, den Waffenexporten nach Saudi-Arabien, Katar und die Türkei und den Bundeswehrsoldaten im Irak und in Afghanistan ist Deutschland in der Umstrukturierung des Nahen Osten mitten drin, um seinen eigenen Einfluss zu sichern.

2015
Dass Deutschland keinen Krieg führen würde, ist schon lange eine Illusion, und doch müssen wir für das Jahr 2014 feststellen, dass Deutschland seine Kriegseinsätze vervielfältigt hat. Die Anzahl der Einsätze der Bundeswehr hat sich auf 17 erhöht. Dabei ist festzustellen, dass Deutschland vor allem Einsätze im europäischen Rahmen vorantreibt (im Gegensatz zu den NATO-Einsätzen) und sich damit als eigenständiger Akteur neben den USA zu profilieren will. Es bleibt also spannend, könnte man sagen. Oder auch: Wir müssen etwas tun! Im Jahr 2015 gibt es drei für den deutschen Imperialismus entscheidende Großveranstaltung im eigenen Land, bei den es darum geht, die Weichen für weitere „Hilfe“ in aller Welt zu stellen. Am 7. Februar die Münchener Sicherheitskonferenz, deren schöner Name die Tatsache zu verschleiern versucht, dass sie eine NATO-Kriegskonferenz ist, die Eröffnung der Europäischen Zentralbank am 18. März in Frankfurt und der G7-Gipfel am 6./7. Juni im Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen. Lasst uns dort laut und deutlich ein Zeichen setzen gegen die deutsche Kriegstreiberei!

Grenzenlose Solidarität heißt Kampf dem deutschen Imperialismus – Make Capitalism History!

Stellungnahme der AG Antimilitarismus des Bundesvorstands der SDAJ

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