Schwere Zeiten für den Fortschritt (POSITION #01/18)

veröffentlicht am: 15 Feb, 2018

Seit Längerem wird über den Rechtsruck in Osteuropa gesprochen, doch wie sieht der Rechtsruck eigentlich in Westeuropa aus? Wir blicken nach Italien.

Gerne wird so getan als sei rechte Politik groß gebaut, körperlich brutal und männlich mit Glatze. Aber rechte Politik bestimmt sich an ihrem Inhalt: Sie steht oft für gesellschaftliche Rückständigkeit und Konservatismus, immer jedoch erhält oder schafft sie soziale Ungleichheit und stärkt Herrschaftsverhältnisse. In Italien z.B. kam es zu einer regelrechten Welle an rechter Politik in den letzten Jahren. Der bisherige Ministerpräsident Matteo Renzi leitete einen riesigen Angriff auf die Sozialstandards. Er reformierte das Bildungssystem, so dass nun SchülerInnen sogar unbezahlte Arbeit verrichten sollen, er setzte Kürzungen im Gesundheitssystem durch, erhöhte das Renteneintrittsalter und drückte eine Arbeitsmarktreform durch. Renzi war der Mann der europäischen Eliten, doch mit der Wahl im Frühjahr war es vorbei für ihn. Die Fünf-Sterne-Bewegung und das Rechtsbündnis von Silvio Berlusconi mit der Lega Nord haben die Wahlen gewonnen.

Weiter für die Herrschenden

Der Ex-Präsident Berlusconi ist in Deutschland v.a. als alter sexistischer Medienstar bekannt. Hinter dem Image wird gerne vergessen für welche Interessen er sich einsetzt: Für die Kapitalisten und ihre Profite. Sein politisches Bündnis mit der extremen Rechten setzt auf Spaltung der Arbeitenden und Lohnabhängigen. Und auch die von einem Clown gegründete Empörten-Bewegung Fünf Sterne verkündete noch am Wahlabend, dass man sich zwar von bürokratischen Vorschriften der EU befreien wollen, aber die Märkte nichts zu befürchten haben. Explizit richtete man sich auch an die Investoren und betonte, dass die Wirtschaftseliten nichts zu befürchten hätten, denn man fühle sich für das ganze Land verantwortlich.

Linke Hoffnungen

Italien war einmal im Fokus der NATO, da es das westeuropäische Land mit der größten kommunistischen Partei (PCI) war. Doch davon ist heute nichts mehr übrig, die kommunistische Bewegung in Italien ist gespalten. Die traditionsreiche Rifondazione Comunista (PRC) sieht heute die „Notwendigkeit diese neoliberale Europäische Union der Händler nieder zu ringen“ und sagt „Diese Europäische Union ist nicht reformierbar“. Doch vor den Parlamentswahlen machte sie deutlich, dass mit ihr ein Ausstieg aus dem Euro z.B. nicht zu machen sei. PCR und PCI haben zusammen mit linken Basis-Organisationen die Wahlliste „Die Macht dem Volke“ (Potere al Popolo, Pap) gegründet. Doch u.a. die bisherige Unterstützung der PRC für die griechische Regierungspartei SYRIZA hat ehemalige Anhänger an die neue italienische Partito Comunista (PC, I) herangeführt. Diese trat mit Marco Rizzo erstmalig zu den Wahlen an und spricht sich deutlich für einen Bruch mit EU und NATO aus. Das Bündnis der alten linken Kräfte um PRC/PCI kam zusammen auf 370-tausend, die neue Partito Comunista auf 100-tausend Stimmen. Damit konnten beide Listen einen kleinen Denkzettel an die Etablierten verpassen, doch selber keine Abgeordneten stellen.

[Mark, München]

Dieser Artikel erschien in
POSITION #1/2018
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