„Wir schaffen das“ (POSITION #05/16)

veröffentlicht am: 20 Okt, 2016

Ein Jahr nach Merkels Ansage hat sich immer noch nichts für Geflüchtete getan

Seitdem Syrien bombardiert und in Trümmer gelegt wird, fliehen massiv viele Menschen um ihr Leben. Deutschlands Truppen sind nun mit 1.200 Soldaten mit dabei; gegen den IS wie sie sagen. Doch für die Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen gibt es kaum Verständnis.

Integrations-Gesetz?
Wenn man den momentan wohl bekanntesten Satz von Angela Merkel „Wir schaffen das“ im Zusammenhang mit dem neuen Integrationsgesetz sieht, fragt man sich, wer hier was schafft. Die eh schon unterbesetzte und unterbezahlte Flüchtlingsarbeit wird von vielen freiwilligen HelferInnen, SozialarbeiteInnen und städtischen Angestellten versucht zu bewältigen. Doch statt eine angemessene Betreuung und ausreichende Angebote zu schaffen, ist die Lösung durch das Bundes-Integrationsgesetz, dass sämtliche Integrationsmaßnahmen nun allein denjenigen Flüchtlingen vorbehalten werden, bei denen auch eine Aussicht auf ein Aufenthaltsrecht besteht. Welche Aussicht für die anderen bleibt? Abschiebung, Elend und Tod in der Heimat, die durch Krieg zerstört wird. Weiter sieht das Integrationsgesetz vor, die AsylbewerberInnen durch Arbeit zu „integrieren“ und deshalb neue Arbeitsstellen zu schaffen. Jedoch nicht wie wir uns das vorstellen: mit gleichem Lohn für gleiche Arbeit, Krankenversicherung usw.

Teile und Herrsche
Nein, es sollen tausende 1-Euro-Stellen geschaffen werden. Somit wird nicht nur weit unter Mindestlohn gearbeitet. Auch die Diskussion um den Mindestlohn kommt so neu auf. Dieser könne ja nicht gehalten werden wegen der Flüchtlinge, schreien da die Bosse. Und so wird der grade erst eingeführte Mindestlohn umgangen und die Flüchtlinge als LohndrückerInnen missbraucht. Abgesehen davon, dass es mit solch einem Hungerlohn unmöglich ist, sich ein neues Leben aufzubauen.
Die Regierung spaltet die Gesellschaft einmal mehr: „Die nehmen uns die Arbeitsplätze weg“, „Seitdem die Flüchtlinge hier sind, ist die Kriminalität angestiegen“ oder „Die leben auf unsere Kosten“ sind nur wenige Beispiele von vielen für das, was den Flüchtlingen vorgeworfen wird. Dabei sind es nicht die Flüchtlinge, sondern die Herrschenden, die unsere Löhne bestimmen, nicht ausreichend Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen und an der Flucht dieser Menschen mit Schuld tragen. Rechte Gruppen schaffen es, den Unmut der Menschen über ihre realen sozialen Probleme aufzunehmen und in Protest wie bei PEGIDA umzuwandeln.

Von rechts getrieben
Ein anderes Beispiel ist die Berliner NPD, die im Wahlkampf um das Abgeordnetenhaus behauptet hat, dass wir wegen den Flüchtlingen keine Turnhallen mehr nutzen könnten. Als hätte es vor dem Anstieg der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge überall super ausgestattete Schulen gegeben. Schon davor waren die Kommunen pleite, wurde kein Geld für Schulen z.B. bereitgestellt Schon im letzten Jahr, als Menschen hier verstärkt Schutz suchen., hätte die Regierung handeln müssen, hätte massiv Geld bereitstellen müssen, um die logistische Herausforderung zu bewältigen. Das Geld sei nicht da? Von wegen! Kürzungspolitik und eine schwarze Null haben die Herrschenden nur für uns zu bieten. Als während der Finanzkrise die Banken kurz erschrocken sind, wurden über Nacht Milliarden für sie bereitgestellt. Denn sie seien „systemrelevant“. Menschen scheinbar nicht.
Rechte Gruppen und die Regierenden spielen sich also gegenseitig den Ball zu. Viel zu oft fallen Leute dann auf diese Hetze rein und verbreiten dann selber das Märchen vom gierigen Flüchtling. Die Regierung profitiert doppelt von der miserablen Situation der Geflüchteten. Zum einen wird aus ihnen noch der letzte Cent gequetscht, indem ausgebildete Kräfte aus Syrien z.B unter Mindestlohn schuften müssen und zum anderen haben sie einen Sündenbock für die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen.

Sündenböcke
Wenn also Merkel sagt „Wir schaffen das“ – eigentlich aber meint ‚wir machen Gesetze, die uns wirtschaftlich nützen‘ – müssen wir dem etwas entgegensetzen. Es muss deutlich gemacht werden, dass nicht die Flüchtlinge der Sündenbock für alles sind, sondern klar benannt werden, wer die Schuld an unserer schlechten Situation trägt: nämlich die Herrschenden. Wir dürfen diese Spaltung nicht zulassen.Wir müssen gemeinsam mit den Flüchtlingen gegen die Herrschenden vorgehen. Gegen diejenigen die uns als auch die Flüchtlinge ausbeuten. Gegen die, die lieber Geld in Krieg und Rüstung für mehr Profite stecken als in eine angemessene Bildung für alle, ein kostenloses Gesundheitssystem, ausreichende Löhne, Arbeits- und Ausbildungsplätze.
Um Fluchtursachen zu bekämpfen, müssen Krieg und Terror beseitigt werden. Anstatt die Bundeswehr gegen den IS nach Syrien zu schicken, muss stattdessen der Waffenexport an IS-Unterstützerstaaten beendet werden mit dem Banken und Konzerne riesige Profite scheffeln. Die Herrschenden sorgen dafür, dass der IS mit Waffen ausgerüstet ist, während sie es schaffen die Situation der geflüchteten Menschen doppelt und dreifach auszunutzen. Aber die Versorgung und Betreuung der Geflüchteten wird von anderen Menschen versucht zu bewerkstelligen.

Tabea, Aachen

Dieser Artikel erschien in
POSITION #5/2016
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