Marxistischer Spickzettel: Novemberrevolution

veröffentlicht am: 25 Mrz, 2017

Nach dem Ersten Weltkrieg wird im Geschichtsunterricht oft die Novemberrevolution 1918 behandelt. Sie beendete Deutschlands Kriegsbeteiligung, da Soldaten massenhaft ihren Dienst verweigerten und es im ganzen Land zu Streiks kam. Thema sind oft die zwei Ausrufungen eines neuen Staates am 9. November. Durch den rechten Sozialdemokraten Philipp Scheidemann wird die „demokratische Republik“ ausgerufen, während gleichzeitig die„sozialistische Republik“ durch Karl Liebknecht vom Spartakusbund ausgerufen wird. Uns wird ein Bild gemalt von aufrichtigen Demokraten – der rechte Flügel der SPD – und Feinden der Demokratie, z.B. dem Spartakusbund.
Warum das nicht richtig ist, zeigen folgende Argumente:

1. Stellvertreterpolitik vs. Rätemacht: Die linken Kräfte der Revolution wollten ein Rätesystem einführen, in dem alle wichtigen Ämter durch eine demokratische Wahl besetzt werden. Die Betriebe sollten durch die Arbeiter verwaltet und auch die Armee durch Soldatenräte organisiert werden. Das bedeutet eine direkte demokratische Mitbestimmung statt des von der SPD-Führung angestrebten Parlamentarismus.

2. Bündnis mit der Reaktion: Schon sehr früh begann die neue Regierung, bestehend aus Vertretern der SPD, USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands), sowie dem alten kaiserlichen Verwaltungsapparat, Abkommen mit alten Kräften der Monarchie, z.B. hohen Generälen, zu schließen. So konnte die Regierung später revolutionäre Aufstände blutig niederschlagen lassen. Beim Aufbau ihrer Demokratie nahmen sich die SPD-Funktionäre vor allem antidemokratische Kräfte zur Hilfe, die kurz zuvor die Monarchie noch unterstützt haben.

3. Quittung für den Krieg: Trotz Revolution und Beendigung des Krieges zog die neue Regierung die Profiteure des Ersten Weltkrieges nie zur Rechenschaft. Die Profite der deutschen Banken und Konzerne, die durch den Krieg angehäuft wurden, blieben unangetastet. Die durch den Krieg entstandene Not und die Reparationszahlungen musste die Bevölkerung tragen.

4. Inkonsequente Demokraten: Die Forderung der Revolutionäre – die Banken und Konzerne zu enteignen – wurde von der neuen Regierung nicht umgesetzt. Dadurch wurden im neuen Staat die Produktionsmittel nicht in die Hand der Arbeiterschaft gegeben, also nicht unter demokratische Kontrolle gestellt.


5. Blutiger Machterhalt: Zur Zeit der Novemberrevolution war das Kräfteverhältnis innerhalb der Arbeiterschaft klar auf Seite der SPD-Führung. Dennoch kam es in der Phase des Umbruchs immer wieder zu Aufständen revolutionärer ArbeiterInnen, denen die Maßnahmen der Regierung nicht weit genug reichten und die die Revolution vorantreiben wollten. Sie wurden mithilfe des Militärs niedergeschlagen, um die Macht der neuen Regierung zu sichern. Viele Revolutionäre wurden verhaftet oder, wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, ermordet. Das war der blutige Teil der neuen Demokratie.

Janis, Weimar

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